Ironman Virtual Race 1, eine Erfahrung

Rennen bestreiten im Lockdown – in Zeiten von Corona

Drei Jahre später wissen wir, das war nur der Anfang

Die Ausgangslage

Rennen werden abgesagt oder optimistisch in den Herbst verschoben, wann wird wirklich wieder eines stattfinden? – ungewiss! Das Trainingslager: abgesagt. Schwimmen fällt ganz flach. Meine Motivation zielgerichtet zu trainieren schwindet. Hätte auch nicht gedacht, dass ich einmal Schwimmtraining vermisse.

Autorennen, Bundesliga, Training, alles findet nur noch im Netz statt. Kein Wunder versucht es nun auch Triathlon: mit dem ersten Ironman Virtual Race 1. Mit reichlich wenig Vorlaufzeit, am Dienstag (4 Tage vor Rennstart!) werde ich darauf aufmerksam:

Virtual Race Badge
  • ein Rennen über jeweils mindestens 5km Laufen, 90km Radfahren, 21km Laufen.
  • Reihenfolge der Disziplinen spielt keine Rolle, wo und wie sie erbracht werden auch nicht: auf dem Laufband, auf der Rolle oder im Freien.
  • Rahmenbedingung: die Leistung muss von Freitagabend 20:00 Uhr bis Sonntag um Mitternacht erbracht werden und sie muss fürs spätere Hochladen, getrackt werden.
  • Wie ich zu spät herausfinde hat das Hochladen so seine Tücken: es wird einfach der gelieferte Wert genommen, auch z.B. zu lange Strecken.
  • Regeln, Vorgaben, Einschränkungen, Verhaltensweisen, Karis – keine.
  • Aber: es wird einen virtuellen Finisherbadge geben und eine Rangliste, mehr dazu später.

Das Setting reizt mich, ich nutze zwar fürs Wintertraining eine einfache Rolle, besitze aber kein Laufband. Kommt dazu, ein Radrennen auf nicht abgesperrten Straßen: unmöglich.

Der Plan

  • ein schnelles Training am Freitag über 5km (das wäre die Schwimmstrecke gewesen),
  • am Samstag frühmorgens eine lange Radausfahrt, um HundeGassiGehern, Wanderer, Eltern mit Kindern, e-Bikern nicht zu sehr zu begegnen, da meine Radstrecke meistens über Feldwege führt.
  • am Sonntag dann die 21km laufen.
  • Tracking über die existierende Polar Uhr. Die App wird mit dem Veranstalter gekoppelt, funktioniert gut.

Relativ schnell klar ist die 5km Laufstrecke, „normales laufen“ in der Umgebung halt. Auch die 21km sind im Prinzip gegeben, runter an die Enz, Enzweihingen nach Untermberg und zurück. Die Radstrecke wäre eigentlich und „so im Prinzip“ auch klar: 4-mal die neuen ausgebauten Straßen auf der Runde Hochdorf – Hemmingen – Heimerdingen – Eberdingen, leider ist zurzeit mittendrin der Kreisel gesperrt und die Kreuzung von Heimerdingen runter zum Strudelbachtal seit Wochen auch nicht befahrbar. Resultat: zwei Runde Hochdorf -Rutesheim – Weissach, geht scho.

Das „Rennen“

Freitag um 20:00 Uhr warm anziehen, Supporter und Fans organisieren (beschränkte sich auf Einzelperson mit Hund in reglementarischen 2 Meter Abstand) und die 5km in flottem Tempo gelaufen, danach den Vorteil der heimischen Wechselzone genießen … und ja, in der kann man auch schlafen.

Samstagmorgen um 08:00 Uhr bei 3° Grad aufs Rad. Kalte Zehen, aber sonst läuft alles wie geplant. Ich bin alleine, kann relativ flüssig fahren und genieße den Tag.

am Morgen, Rutesheim

Bis – ja bis Weissach, da gab‘s am Mittwoch noch ´ne Straße bis Eberdingen, die ist aber komplett gesperrt (die Strudelbachtalkreuzung!), auf der „Umgehungsroute“ – dem Radweg – werden Stromkabel verlegt, auch kein Durchkommen. Gedanken ans Aufgeben kommen auf.

die Radstrecke

Aber nach Hause muss ich ja trotzdem, also rauf auf den nächsten Hügel Richtung Porsche, runter nach Mönsheim, durchs Tal nach Wiernsheim und dann wieder rauf nach Nussdorf, auf einen Anstieg folgt doch immer wieder eine Abfahrt.

Zurück in Hochdorf beginnt das große Kopfrechnen, geplant waren ja zwei Runde à je etwa 45km, nach dem Abstecher zeigt die Uhr bereits 58km.

Schneller Entscheid: nochmals nach Rutesheim.

Dort stelle ich fest: falsch eingeschätzt, jetzt sind es schon 85km. Darum ab auf die Hauptstraße und auf direktem Weg nach Hause. Resultat: Distanz mehr als 95km, dafür weniger Höhenmeter als geplant.

Wechselzone wieder sehr angenehm – es gibt was zu Essen und sogar Kaffee und Kuchen!

nach dem Halbmarathon

Gegen 16 Uhr kommt Unruhe auf, dann der spontane Entscheid, die 21km jetzt noch zu laufen. Also, runter nach Unterriexingen, das Auto geparkt, Wasserflasche und Gels im Auto. Von der Liebsten und dem Hund verabschiedet und los. Nach 15km wieder beim Auto: trinken, Gel rein und weiter. Es folgten dann die schwierigsten Momente: die drei Kilometer bis zum Wendepunkt so alleine ohne weiteren Läufer und anfeuernde Zuschauer, waren die härtesten. Nach dem Wendepunkt zum Auto. Geschafft!

Fazit

Aus Sicht Veranstalter: rund 11000 Teilnehmer angemeldet, nur 6600 Finisher. Daten gesammelt, um es das nächste Mal besser zu machen (oder wofür auch immer…). Auf Facebook teilweise heftige Kommentare bezüglich „cheating“.

Aus meiner Sicht: ich wäre nie auf die Idee gekommen anfangs April einen Wettkampf so zu „simulieren“. Auch fehlt der Race Spirit, die Atmosphäre, die Anfeuerungen, die Zuschauer, der Zieleinlauf, einfach alles. Übrigens, die Gesamtzeit entspricht in etwa meiner in Rapperswil erzielten Wettkampfzeit.

Anmerkung: Die „Rangliste“ ist ein Witz. Der Veranstalter lässt zu, dass Radzeiten gemeldet werden (1:32Std für 90km) die wesentlich schneller sind als der Stundenweltrekord. Es fehlt an Regeln und Vorgaben, die eine wie auch immer gewichtete Vergleichbarkeit der Daten erlaubt, z.B. Indoor/Outdoor, Höhenmeter, Wetter, Kurven, Lichtsignale, Stoppstraßen, Kreuzungen, Spaziergänger, Hunde, …

Es kann ja auch nicht sein, dass nun jeder Athlet im Wettkampf-Modus in der freien Wildbahn seine Rennen austrägt! Ob sich der Veranstalter damit sich und dem Sport einen Gefallen tut, Triathlon fördert? Ich zweifle.

die Wäsche bleibt

Trotzdem eine Erfahrung und vor allem ein Motivationsschub.
Bis gestern, da wurde der geplante Wettkampf abgesagt. …… Was bleibt, wie immer – die Wäsche.