Challenge Roth

Mekka oder Hölle?

Im Triathlon-Mekka in Roth sollte man als „echter Ironman“ schon mal gewesen sein. Die erste Hürde ist schon mal die Anmeldung, denn nach 3 Minuten waren alle 3500 Startplätze vergeben. Doch ich hatte Glück in der Anmeldelotterie und bekam einen Startplatz. Die Eintrittsgebühr kostet 380 Euro. Ab diesem Zeitpunkt läuft der Countdown zum großen Triathlon-Event und die Trainingsvorbereitung.

Doch Training sollte nicht Pflicht sein, sondern Vergnügen. Trainingslager auf Sizilien und in Südfrankreich, Dolomitentour mit dem Rad, viele Laufkilometer mit dem Lauftreff und auch allein durch Wald und Flur und ein gemeinschaftliches Schwimmtraining mit dem Triathlon-Team des TV Markgröningen. So sind seit dem 1.1. dieses Jahres 64450 Meter Schwimmen, 5398 Radkilometer und 1054 Laufkilometer zusammen gekommen – reicht das?

Zum Wettkampf selbst fahre ich gemeinsam mit dem TNB Malterdingen. Unser ehemaliger Vereinskollege Martin Reichert, Gründungsmitglied unserer Triathlonabteilung, startet mit weiteren Breisgauer Triathleten und hat unser mittelalterliches Quartier in der Jugendherberge Nürnberg organisiert. In einer Burg: My home is my castle.

Prerace

Am Freitag holen wir auf der Messe unsere Startunterlagen. Die Triathlonmesse ist gigantisch! Da gibt es alles was das Triathlonherz begehrt und teuer ist. Zur traditionellen Nudelparty gibt´s nicht nur Pasta sondern auch ein Salatbuffet und Kaiserschmarrn aus Tirol.

Am Samstag ist Radabgabe in der Wechselzone am Main-Donau-Kanal bei Hilpoltstein. Oh Schreck, beim Vorbereiten der Utensilien hat sich am Radschuh der Klettverschluss gelöst. So muss ich in Roth noch einen Schuster aufsuchen – geschlossen! Im benachbarten Schuhgeschäft macht die Chefin extra für mich die Werkstatt auf und näht den Klettverschluss an – kostenlos! Ich nehme im Sonderangebot dafür für 10 € Sandalen im Hawaii-Blumenmuster mit. In der ganzen Stadt herrscht Triathlonstimmung.

Am Nachmittag ist Check-In von Rad und Helm. Beim Betrachten des Materials der Konkurrenz steigt der Respekt. Da fehlt es an nichts – Carbon wohin man blickt. Ohne Aerohelm scheint nichts zu gehen. Da kann ich mit meinem Alu-Hobel im 26er-Format ja gleich einpacken. Am Nachmittag fahren wir mit dem Auto einmal die Strecke ab. Landschaftlich traumhaft, guter Asphalt und die 90 Kilometer-Runde ist zweimal zu fahren. Insgesamt sind es 1000 Höhenmeter – Respekt! Am frühen Abend ist dann in der Pizzeria auf dem Marktplatz von Nürnberg nochmals Carboloading angesagt und ein Schluck Vino Rosso zum Einschlafen.

Raceday

Um kurz vor 4 Uhr reißt uns der Wecker aus dem Schlaf und wir bekommen in der Jugendherberge um diese Zeit sogar ein kleines Frühstück.

Im Morgengrauen nach Hilpoltstein – die Spannung steigt. Die letzten Vorbereitungen in der Wechselzone laufen auf Hochtouren. Der Start erfolgt in 16 Startgruppen; die Profis starten um 6.30 Uhr. Mein Start ist in Startgruppe 7, um 7.15 Uhr. Leider bekommen wir in der Wechselzone vom Profistart nicht viel mit, so beginnt für mich der Tag wie bei jedem Triathlon. Mir kommen nicht die Tränen, das war vor 12 Jahren beim ersten Start bei einer Langdistanz im Massenstart noch anders.

Die Wassertemperatur ist mit 20 Grad angenehm. Der Main-Donau-Kanal ist zum Schwimmen ideal, hier gibt es keinerlei Orientierungsprobleme, doch die Wendebojen sind weit, weit weg. So kommt mir die Zeit im Wasser schon wie eine Ewigkeit vor, doch mit 1:21.56 h liege ich voll im Plan.

2014 Challenge Roth Schwimmen
2014 Challenge Roth Schwimmen
2014 Challenge Roth Radfahren Joachim
Joachim im absoluten Halteverbot

Da Wegwerfen von „Müll“ außerhalb der Wechselzone zur Disqualifikation führt, esse ich meine Banane noch in der Wechselzone. Auf dem Rad rollt es gut. Doch auf der Rollerstrecke nach Greding herrscht Gegenwind. Hier wäre Windschatten hilfreich, doch auf der Langdistanz ist Windschattenverbot. Jürgen ist als Schiedsrichter aktiv und sorgt für faires Radfahren. So langsam wird es schwülwarm. Nach der Rampe am Kalvarienberg ist klar, die angestrebte Durchschnittsgeschwindigkeit ist nicht drin. Da hilft es auch nicht, dass man am Solarer Berg vom Publikum fast hochgetragen wird. Durch ein Spalier wie bei der Tour de France, herrscht erstmals prickelnde Stimmung. Auf der ganzen Strecke ist in jedem Dorf Partymeile. Die Stimmung ist wirklich überragend.

2014 Challenge Roth Solar Hill
Eindrücke vom Solarer Berg

Mit einem Schnitt von 29km/h nach der ersten Runde bei Kilometer 90 wird mir klar, unter 6 Stunden funktioniert auf dem Rad heute nicht. Es drehte zwar der Wind, sodass es nach Greding etwas Rückenwind gibt, dafür heißt es auf den letzten 40 Kilometern gegen den Wind zu kämpfen und es zeigen sich schon erste Krampfansätze. Die Schwüle zeigt erste Wirkung. 180 Kilometer in einer Zeit von 6:12:44 h. Geschafft!

2014 Challenge Roth Laufen Joachim
Nach dem Radfahren

Wechselzone 2: In die Laufschuhe – jetzt geht’s erst richtig los. Die Beine machen zu und jeder Muskel ist verkrampft. 42 Kilometer – unmöglich! Aussteigen?! Jetzt heißt es umdenken, denn ab jetzt geht es nicht mehr um die Zeit, sondern nur noch ums ankommen. Alex steht bei Kilometer 3 an der Strecke und macht Mut. Auf dem sonnigen Damm schleppe ich mich nur noch von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation. Gels, Cola, Wasser und Schwämme; trotzdem geht es nur noch mit Gehpausen voran. Das Loslaufen kostet Überwindung – doch 40 Kilometer wandern, da komm ich nie ins Ziel. Selbst der Beifall von Sebastian Kienle persönlich, hilft kaum.

2014 Challenge Roth Laufen Joachim
Joachim auf Zielkurs

Zehn Kilometer vor dem Ziel machen mir nochmals Alex und Jürgen Beine. Die Erlösung bringt der Gewitterregen. Die Beine machen wieder mit und ich rolle im 6:15er-Schnitt auf den letzten 10 Kilometer ins Ziel. Überlebt mit 12:24:47 Gesamtzeit.

Der Zieleinlauf im Stadion von Roth ist grandios – Medaille – Finishershirt – Massage – Schüttelfrost.

2014 Challenge Roth Zieleinlauf Joachim
2014 Challenge Roth Zieleinlauf Joachim – Geschafft!

PostRace

Das Rennen wird als härtestes Rennen seit 30 Jahren bezeichnet. Über 500 sind ausgestiegen. Für mich ergibt sich Gesamtplatz 1535 bei Startnummer 1938. In der Altersklasse reicht es mit dem 9. Platz noch unter die Top Ten und zum 7. Platz in der Deutschen Meisterschaft.

Doch beim 30. Triathlon im mittelfränkischen Roth sicherte sich Timo Bracht mit einer Zeit von 7:56 h den Sieg: Unglaublich! Bei den Damen siegt die amtierende Weltmeisterin Mirinda Carfrae.

Triathlon Roth heißt Schmerzen und Emotionen – eher Hölle als Mekka. Mit einem extremen Muskelkater in den Beinen sage ich heute: Eine Langdistanz muss nicht mehr sein! Alex, hoffentlich geht es dir nächstes Jahr besser!

20.07.2014 joachim_hambuecher